Harmonie von Seraphin ================================================================================ Kapitel 2: Asyl --------------- Kapitel 2: Asyl Das Mädchen presste sich unangenehm eng an ihn, während sie sich gemeinsam vom Schlachtfeld und damit auch weg von Hermines sicherem Tod, hinein in ein Meer von Farben und schnell vorbeibrausenden Formen drehten. Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Drei Se… und schon schlugen sie schmerzhaft auf der mit Kies bestreuten Einfahrt, knapp vor den Toren von Malfoy Manor, auf. Draco sprang so schnell er konnte auf seine Füße und wich einige Schritte weg von ihr. Kleine Kieselsteine hatten sich beim Aufprall tief in die Haut seiner Handfläche gedrückt, die nun von kleinen, schmerzhaft brennenden Wunden übersät war. Sein Beine, vor allem die Knie, schmerzten, da er auf Händen und Knien gelandet war. Seine Robe war zerrissen und seine Hände aufgeschürft. Gerne hätte er hier noch länger gestanden und sich noch weiter selbst bedauert, doch sein „Mitbringsel“ von der Schlacht durfte hier auf keinen Fall gesehen werden. „Wo sind wir denn hier?“ Das Schlammblut rieb sich mit schmerzverzerrter Miene ihre Knie und stand langsam auf. Ängstlich drehte sie ihren Kopf von rechts nach links, schlang ihre Arme um sich und stolperte auf ihn zu. Offenbar hatte sie sich den Knöchel verstaucht. „Ich glaube ich…“, weiter kam sie nicht. Wie zur Salzsäule versteinert erstarrte sie, als sie an den hohen Hecken vorbei das drei Meter hohe Eisengittertor hinter Draco aufragen sah, in dessen Mitte ein verschnörkeltes „M“ eingelassen war. Draco folgte ihrem Blick und erst als er ebenfalls das Wappenzeichen seiner Familie sah, begriff er. Seine Hand schnellte nach vorne, sie wollte sich gerade umwenden, um zu flüchten, und er riss sie mit eisenhartem Griff, der ihr fast das Handgelenk brach, an sich und zog sie in Richtung Tor, doch das Schlammblut wollte nicht. Sie zog und zerrte, schlug um sich, versuchte ihn in den Schritt zu treten und fiel hin, als sie versuchte sich an den Gitterstäben des Tores festzuklammern, die sich jedoch wie Rauch auflösten, als Draco sie einfach hindurchzog. Genervt drehte er sich um, packte sie an den Haaren und zerrte sie mit einem Ruck in die Höhe, ignorierte ihr Gebrüll „Du feiges Arschloch!“ ebenso wie ihr Gewimmer „Ich will keine Geisel sein“, schlug sie stattdessen kräftig ins Gesicht und brachte sie mir einem „Silencio“ zum Schweigen. Sie durfte jetzt nicht reden. Nicht nur, weil sie keiner hören sollte, sondern auch, weil er nachdenken musste. Nun waren sie vom Schlachtfeld entkommen, aber was sollte er nun mit ihr tun? In Ermangelung einer besseren Idee beschloss er, sie erstmal in sein Zimmer zu bringen. Dort konnte er sich dann duschen, umziehen und danach entscheiden, was er eigentlich mit ihr vorhatte. Das Tor zum Haus öffnete sich auf seinen Befehl und sie betraten die kühle, nur vom Schein der Fackeln an den Wänden beleuchtete Eingangshalle der Villa. Einige Meter vor ihm führte eine breite Steintreppe hinauf zum Hauptteil des Hauses. Oben, am Ende der Treppe, war eine größere Eingangshalle eingerichtet, in deren Mitte ein aus Opalen gefertigter Springbrunnen in Form eines Basilisken stand. Draco konnte von seinem Standort am unteren Ende der Treppe nur Halsende und Kopf des Basilisken erkennen, doch beachtete er nicht dieses kunstvolle Schmuckstück, das grünes Wasser immerwährend wie Feuer hervor spie, sondern den blonden Kopf einer Frau, die gegen das Kunstwerk lehnte und das Gesicht in den Händen vergraben hatte. Seine Mutter. Vermutlich wartete sie schon seit ihrem Aufbruch heute Morgen darauf, dass er und sein Vater lebend wieder zurückkamen. Draco seufzte bei diesem Gedanken. Er wusste nur zu gut, wie recht sie mit ihrer Angst hatte. Zur Zeit waren diese Einsätze nichts als eine Fülle von Möglichkeiten, die Voldemort nutzte, um die Malfoys als unfähig zu entlarven und loszuwerden. Dennoch, er konnte jetzt nicht zu ihr gehen und sie beruhigen. Jetzt musste er erst einmal dieses andere Problem loswerden. Rechts und links der Treppe waren kleine Öffnungen in die Wände eingelassen, in deren Inneren schmale Wendeltreppen nach oben führten. Einer dieser Aufgänge führte zu seinem Zimmer. Stumm deutete er nach rechts, um dem Schlammblut anzudeuten, leise zum Aufgang hineinzuhuschen. Das dumme Ding war jedoch so sehr damit beschäftigt gewesen, die Verzierungen an den Wänden zu betrachten, dass sie den Kerzenhalter auf dem Sideboard neben sich gar nicht bemerkte und ihn in einer fahrigen Bewegung herunterfegte, als sie sich umdrehte. „Draco?“ Der Gerufene fuhr zusammen, als er die Stimme seiner Mutter hörte. Er schubste das Schlammblut mit einem harten Stoß zur Seite. Zwischen zwei hohen Schränken verborgen, würde man sie von dem Punkt am oberen Ende der Treppe, wo Narcissa stand, nicht zu sehen. „Draco…“ Er musste seine Mutter nicht sehen, um zu wissen, dass sie Tränen in den Augen hatte. Der flehende, wimmernde Ton ihrer Stimme sprach Bände. Er warf einen kurzen Blick zur Seite, um sich zu vergewissern, dass das dumme Ding verstanden hatte, dass es sich verstecken musste, dann eilte er die Treppe hoch. Narcissas tränennasse Augen begannen zu leuchten, als sie ihn sah. Wie ein verliebtes Mädchen warf sie sich ihrem Sohn, der sie mittlerweile fast um einen ganzen Kopf überragte, um den Hals, nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und küsste alles, was sie erreichen konnte. „Ich hatte ja solche Angst. Ich hatte keine ruhige Sekunde, seit ihr heute Morgen weggegangen seid.“ Sie ließ von ihm ab und betrachtete ihren Sohn mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge. „Geht es dir… gut?“ „Ja, Mutter“, log Draco, der sie nicht noch mehr ängstigen wollte. „Aber…“ Er schob sie sanft von sich weg, „Ich will mich jetzt unbedingt duschen.“ Narcissa biss sich auf die Lippen und nickte. Draco wandte sich um, da sein Zimmer schneller über den Seitengang am unteren Ende der Treppe zu erreichen war. Auf halber Höhe rief seine Mutter ihn noch einmal. „Und dein Vater hast du ihn… geht es ihm gut? Ist er…“ Sie hielt inne und Draco wusste, dass der Gedanke, dass Lucius tot sein könnte, einfach zu grausam war, um ihn auszusprechen. Sie sah ihn so flehend an wie ein Kind, das seine Eltern fragte, ob es denn auch wirklich keine Monster unter seinem Bett gebe. „Ich… habe ihn vorhin gesehen. Es ging ihm gut, sie waren schon dabei aufzubrechen. Er kommt sicher auch bald nach Hause.“ Draco log schon wieder, weil er wusste, dass jede andere Antwort einen sofortigen Schreikrampf zur Folge gehabt hätte. So aber nickte sie nur, schniefte, und wandte sich zum Gehen um. Draco eilte nun, da sie ihn nicht mehr beobachtete, die Treppe herunter zu einer zutiefst erstaunt aussehenden Granger, packte sie und zog sie mit sich zu der schmalen Seitentreppe, die zu dem Korridorende direkt vor seinem Zimmer endete. xxx Draco öffnete zaghaft die Tür und hielt sich mit den Händen an Wand und Türklinke fest. Dann steckte er prüfend den Kopf durch den Spalt und spähte in Raum, um festzustellen, ob sich irgendjemand darin befand, der hier nichts zu suchen hatte. Er drückte sich auf den Fußballen nach oben, machte den Hals lang und als er auch in den Ecken nichts und niemanden erkennen konnte, der nichts hier zu suchen hatte, riss er die Tür ganz auf. Er packte das Schlammblut unsanft am Arm, riss sie an sich vorbei und schleuderte sie mit einem so heftigen Ruck ins Zimmer, so dass sie stolperte und bäuchlings zu Boden fiel. Die Tür fiel hinter Draco krachend ins Schloss, was ihn panisch zusammenfahren ließ. Er ging leicht in die Knie und hastete mit erhobenem Zauberstab durchs Zimmer, um die Ursache dieser hektischen Bewegung zu ergründen, bis ihm klar wurde, dass er wohl höchsten gegen den Windstoß kämpfen könnte, der durch ein angelehntes Fenster hereingeweht war. Leicht beschämt schielte er zu Granger, die sich mühsam zu erheben versuchte, dabei aber mehrmals auf dem glitschig-schmutzigen Saum ihres Kleides ausrutschte. Über den Rand seines großen, weißen Bettes sah er immer wieder ihren Zottelkopf auftauchen und ruckartig wieder verschwinden. Vielleicht hatte sie sich bei dem Aufprall bei ihrer Ankunft etwas gestaucht oder gebrochen… ihrem Gejammer von vorhin nach zu urteilen war das durchaus möglich. Immerhin, solange das Schlammblut dort hinter dem Bett herum fiel, konnte er versuchen, einen klaren Gedanken zu fassen. Er wandte sich von ihr ab, blendete das Geräusch aus, dass Hermines Hände auf dem Boden verursachten, sich zum Fenster um und legte die Handflächen an die Schläfen. Es war nicht gut, dass er sie hierher mitgenommen hatte. Andererseits hatte er unbedingt verhindern müssen, dass Bellatrix ihn bei seinem peinlichen Versagen, ein Schlammblut zu töten, erwischte. Er hatte verschwinden müssen, unbedingt und vor allem schnell. Er sog durch die Nase tief Luft ein. Hustete… der Rauch des Schlachtfeldes lag immer noch schwer auf seinen Lungen. Möglicherweise hatte das Schlammblut eine Rauchvergiftung, so wie er sie hinter sich husten hörte. „Setz dich auf den Stuhl neben der Tür“, befahl er barsch, ohne sich zu ihr umzudrehen… Sekunden später hörte er die Füße des Stuhles, auf dem Steinboden klappern. Sie hatte wohl gehorcht und sich hingesetzt. Aber was sollte er jetzt mit ihr tun? Warum hatte er sie nicht einfach dort gelassen? Warum? Warum? Warum? Die eisgrauen Augen, die zum Fenster hinausblickten und scheinbar über die Gärten des Manors wanderten, sahen keinen der Bäume, keinen Strauch, keines der Tiere und keine der Blumen, die dort wuchsen. Er erschauderte stattdessen bei dem Gedanken an zwei braune Augen, die vor Angst weit aufgerissen waren und die sonst so hochmütige Stimme, die nun wie die eines Kindes klang, und „Bitte“ flehte. Unsinnig, sich etwas Anderes einzureden, er hatte sie mitgenommen, weil er sie retten wollte. Er hatte es nicht geschafft, sie zu töten oder töten zu lassen. Er war zu schwach, illoyal und ängstlich. Das wäre zumindest das, was Voldemort sagen würde, wenn er es herausfände. Eiskalte Schauer liefen Draco über den Rücken, er legte schützend die Arme um sich selbst und zog die Schultern hoch. Voldemort… der momentan sein Hauptquartier in Malfoy Manor hatte. Voldemort, der in diesem Moment vielleicht ebenfalls in diesem Haus war. Im oberen Stock, der komplett für ihn geräumt worden war. Voldemort, der zufällig durch die Gänge des Manors gehen und Draco dort gemeinsam mit dem Schlammblut sehen könnte. Sie hustete wieder. Das war nervig, störend… so konnte er nicht nachdenken. Er würde jetzt duschen gehen. Sie sollte da sitzen bleiben und husten, er brauchte Ruhe vor den Gedanken, die mit der dümmsten Tat seit seinem Versagen angesichts des geschwächten Dumbledore zusammenhingen. Xxx Draco knallte die Badezimmertür hinter sich zu, verschloss diese mit einem Wink seines Zauberstabes und brach an Ort und Stelle zusammen. Er schaffte es noch, seinen Zauberstab zu ziehen und damit das Radio anzuschalten und den Wasserhahn aufzudrehen. Ganz auf, so dass ein starker Wasserstrahl in das Waschbecken prasselte, laut und stetig. So laut, dass man ihn von außen nicht hören würde. Dichte Wolken heißen Dampfes breiteten sich vom Wasserhahn ausgehend im ganzen Badezimmer aus, hüllten Draco ein und ließen sein dreckiges Gesicht schweißnass werden. Dichte Schweißtropfen perlten ihm von der Stirn und liefen in einer Bahn mit den heißen, salzigen Tränen aus seinen Augen seitlich sein eingefallenes, entkräftetes Gesichtes hinunter. Die Beine angewinkelt, vergrub er seinen Kopf zwischen seinen Knien, legte die Hände über dem Nacken zusammen und drückte somit sein Gesicht noch enger gegen seine Oberschenkel. Ganz eng, um die Schreie, das Weinen, die Hilferufe und alle anderen Geräusche, die ihm in der Kehle saßen, zu ersticken. Doch es half nichts. All diese Dinge, all die Erinnerungen, die mit einem Mal wieder über ihn hereinbrachen, würden ihn ersticken, wenn er jetzt still bleiben würde. So riss den Mund auf, presste die Augen zusammen und schrie, schlug den Handballen gegen die harten Steinfließen am Boden, dann, als er spürte, dass dieser Schmerz nicht ausreichte, immer noch zu weit weg von ihm war, boxte und schlug er sich gegen die eigene Stirn. Er warf den Kopf in den Nacken und brüllte noch lauter und schlug sich gegen seine Schläfe. Seine Hände krallten sich in sein strähniges, dreckverkrusteten Haar. Zogen daran, zogen ganze Strähnen heraus und sorgten für wundervollen Schmerz. Dem einzigen Gefühl, das er jetzt aushalten konnte. Minuten vergingen. Irgendwann dann, als die lodernde Wut über sich selbst und der Schmerz nicht mehr wie Messer in seine Brust stachen, sondern sich eher wie quälendes, allgegenwärtiges Leiden in seinem Körper ausbreiteten, als es ausreichte, den Hinterkopf in Sekundenabständen gegen die Wand hinter ihm zu schlagen, schaffte er es langsam, ruhiger zu werden. Mit zitternden Knien stand er auf, zog sich gegen die Wand gelehnt aus, stellte den Wasserhahn ab und stieg stattdessen in die Duschkabine hinein, wo kaltes, klares Wasser und der Duft nach Blumen, der von seinem Duschgel ausging, ihn langsam wieder in einen Menschen verwandelten. Es wurde besser. Es war nicht mehr so schlimm. Er kam immer besser damit klar. Er war nicht mehr der Junge, der sich bei der Flucht nach Dumbledores Tod in die Hosen gemacht hatte. Der sich wimmernd an Snape klammerte, während die anderen Todesser ihn auslachten. Nein, bestimmt nicht. Er schrie auch nicht mehr nach seinen Eltern wie noch vor einigen Wochen, als er bei einem von Voldemorts Überfällen verwundet worden war und dachte verbluten zu müssen, als ihn diese Ministeriumshexe getroffen hatte. Nein… Er presste die Lippen zusammen, legte den Kopf in den Nacken und beugte seinen Körper nach hinten, so dass er den Duft des Shampoos tief einsaugen konnte, ohne dabei Wasser in die Nase zu bekommen während das Shampoo in seinen Haaren schäumte. Ein schönes Gefühl, so sauber zu sein. Diesen ganzen Dreck von sich abwaschen zu können. Er war ja nicht schlimm verletzt worden heute, nur ein paar Kratzer. Alles in allem war die Mission gut verlaufen. Er schüttelte den Kopf, so dass dicke Wasser- und Seifentropfen an die Glaswand der Kabine spritzten, auf der sich das kondensierte Wasser zu einem nebelhaften Schleier gelegt hatte. Er strich mit den Fingern über ein paar Bröckchen Schlamm, die er sich eben von den Haaren geschüttelt hatte. Ein Stück des zerstörten Weasley’schen Grundstückes, das nun als bräunliche Schliere an der Badezimmerwand von Malfoy Manor enden würde. Erinnerungsfetzen schossen wie Blitze durch seinen Geist. Er gurgelte wie ein Erstickender, schlug die flachen Handflächen gegen die Wand und stützte sich ab, da er nach vorne kippte und mit der Stirn schmerzhaft gegen den Stein stieß. Diese Bilder kamen immer wieder. Draco presste die Augen zusammen, versuchte sich auf das kalte Wasser, das ihm nun wie ein eisiger Wasserfall über den Rücken prasselte, zu konzentrieren. Seine Finger verkrampften sich, sein Atem wurde schneller und seine Knie begannen zu zittern. Mit aller Kraft ballte er seine Hände zu Fäusten und bohrte sich die abgekauten Fingernägel in die geballte Handfläche. Er musste sich konzentrieren. Einatmen – ausatmen – einatmen - ausatmen. Es wurde schon etwas besser. Er wurde besser darin, die immer wieder aufwallenden Panikanfälle zu bekämpfen. Vielleicht würde er es irgendwann schaffen, sie ganz loszuwerden. Bellatrix machte das alles nichts aus. Seinem Vater schon gar nicht. Früher jedenfalls. So wollte er sein. Kühl, überlegen und allzeit Herr der Lage. So, wie Vater vorher gewesen war, vor Askaban. Er drehte das Wasser ab, öffnete die Glastür, wobei er noch immer wie ein Betrunkener schwankte und kletterte aus der Duschkabine heraus. Er streckte den Arm aus, um nach dem Handtuch zu angeln, das die Hauselfen über einen der Handtuchhalter neben dem Spiegel gelegt hatten. Seine Bewegungen waren immer noch abgehackt, während er sich abtrocknete. Darauf musste er sich jetzt konzentrieren. Darauf, sich abzutrocknen. Er durfte nicht einmal ansatzweise an den Auroren denken, den er getötet hatte. Oder nur ganz kurz. So ganz konnte er so etwas noch nicht vergessen. Angeekelt kickte er mit dem Fuß die Kleider, die er vorher getragen hatte, unter das Waschbecken und schnappte sich seine neue Garderobe, die ihm die Hauselfen sorgsam zusammengefaltet auf den Stuhl neben ihm gezaubert hatten, sobald er die Dusche angeschaltet hatte. Am Boden lag immer noch sein beschmutzter Todesserumhang. Er streckte den Arm aus, bückte sich und hob den Umhang auf, als sei er etwas Empfindliches, Zerbrechliches. Doch galt seine Sorge keineswegs dem schwarzen Stoff, sondern der kleinen Blume, die er behutsam wie ein Kleinod aus der linken Umhangtasche hervorzog. Er lächelte schwach und atmete erleichtert aus. Die Blume war unbeschadet. Sein Feuchtigkeitszauber hatte gewirkt. Er griff nach seinem Zauberstab, den er vorhin auf der Ablage über dem Waschbecken abgelegt hatte und zeichnete eine kleine Kristallvase, in die er sofort lebensspendendes Wasser füllte. Der Feuchtigkeitszauber hielt nicht lange an. Irgendwann hatte er das einmal bei Professor Sprout gelernt. Vielleicht vor ein oder zwei Jahren, spielte keine Rolle. Er erinnerte sich aber noch daran, dass dieser Zauber nur ein paar Stunden Wassermangel ausgleichen konnte, nicht mehr. Aber nun war seine Blume ja gerettet. Mit dem Zauberstab in der Hand brachte er seine Frisur wieder in Ordnung, danach betrachtete er den jungen Mann, der ihm aus dem Spiegel entgegenblickte. Müde sah er aus, erschöpft. Ganz so, als ob er einen anstrengenden Tag hinter sich hätte. Er grimassierte etwas und fand nach kurzer Zeit den Gesichtsausdruck, der ihm heute Morgen, als er sich auf die Schlacht vorbereitet hatte, abhanden gekommen war. Spöttisch und herablassend lächelte sein Gegenüber aus dem Spiegel zurück. Er rümpfte die Nase, schnüffelte und verzog sein Gesicht. „Hier riecht es nach Schlammblut“, schnarrte er den Spiegel an. „Das wird sich jetzt ändern.“ Er war zufrieden mit seiner wiedererrichteten, coolen Fassade. Nun sah er wieder so aus, als ginge es ihm gut. Doch da … …die Blume drohte aus der Vase zu kippen, doch… … den Sucherreflexen sei dank, er hatte sie gerettet. Merlin sei Dank, er hatte sie gerettet. Er schwang den Zauberstab, öffnete die Tür und trat wieder in den nur noch schwach vom hereinfallenden, rot-orangefarbenen Licht der untergehenden Sonne erleuchteten Raum, in dem das immer noch das stumm weinende Schlammblut saß. Wie ein artiges Kind saß sie mit übereinandergelegten Füßen und auf dem Schoss gefalteten Händen, wo er sie hinbeordert hatte. Ihre verkohlten Haare hingen ihr wie an den Kopf geklebte, dünne, schwarze Briketts über die Schultern und verdeckten ihr Gesicht. Die unverbrannten Haarteile waren immer noch mit blauen Blümchen durchwirkt, die jedoch vom Ruß verdunkelt waren und entsetzlich verschmort stanken. Das dünne Kleid, das sie trug, war an zahlreichen Stellen zerrissen. Arme und Beine waren mit blutenden Schrammen übersät. Der eben geübte, angeekelte Gesichtsausdruck stellte sich ohne weiteres Zutun ein, als er realisierte, dass der stechende Geruch in seiner Nase von teilweise verbranntem Fleisch und vermutlich auch von ihren verkohlten Haaren, stammte. Ihre Schulter bebten und die Augen unter dem schwarzen Kohlevorhang schienen auf ihren blutenden Händen zu ruhen. Das leise Wimmern klang wie eine Unheil bringende Beschwörungsformel. Draco zögerte kurz. Granger war eine talentierte Hexe. Ob sie versuchen würde, ihn mit stabloser Magie zu attackieren? Der Griff um seinen Zauberstab wurde fester, bis die Handknöchel weiß wurden. Einige Momente gab er sich Mühe, sie so verächtlich wie möglich zu belauern, doch als er realisierte, dass sie sein Erscheinen noch gar nicht bemerkt hatte, wurde ihm klar, dass er zu deutlicheren Mitteln würde greifen müssen, um sie zu beleidigen. „Hier stinkt es, Schlammblut.“ Hermine fuhr erschrocken zusammen und sah ihn an. Immer noch kerzengerade, wie eine typische Musterschülerin eben, auf dem ihr zugewiesenen Stuhl sitzend. Wie er sie hasste. Wie sehr er sie doch hasste. „Das bist du, die hier alles verpestet. Ich sollte eigentlich einen Kammerjäger rufen.“ Er verschränkte die Arme und grinste sie von oben herab an. Hatte sie ihn gehört? Schwer zu sagen, statt erbost die Miene zu verziehen, starrte sie nur vollkommen verblüfft auf die Mini-Kristallvase mit der blauen Blume darin. Ein wenig beschämt hob er schützend die eine Hand vor die Vase, um deren Inhalt vor dem Schlammblut zu verbergen, ging um das große Bett herum und stellte die Vase auf dem Nachttisch daneben ab. Einen Moment gönnte er sich und freute sich darüber, dort den Beweis dafür stehen zu sehen, dass er diesen Einsatz überlebt hatte. Ein paar Schritte zur Seite und schon konnte er eines der doppelflügeligen Fenster. aufzureißen. Er atmete tief ein und genoss dass Gefühl der Erleichterung, das sich einstellte, als die klare, von den Blumen und Bäumen des malfoyschen Gartens erfüllte Luft in seine Lungen strömte. Schwarze Punkte erschienen aus dem Nichts weit hinten, am Ende des Kiesweges. Er beugte sich etwas weiter vor und zog den Kopf ein, da das Fenster relativ niedrig war. Die schwarzen Punkte entpuppten sich als dunkel gekleidete Menschen, die zu Dracos Freude recht zahlreich, schnell den Kiesweg entlang in Richtung Haus gingen. Seine Augen suchten angstvoll die Menschen ab. In dem Moment, als sie das Grundstück betraten, hatten alle ihre Masken abgelegt. Er suchte, und suchte und endlich… ganz am Ende der Menschenschlange, sah er den silberblonden Haarschopf seines Vaters. Noch mal Luft holen… jetzt endlich, endlich war wieder freies Atmen möglich. Den ganzen Tag, seit der Besprechung des Einsatzes heute morgen, hatte er sich gefühlt, als ob ihm jemand ein enges, starres Korsett angelegt hätte, das ihm den Brustkorb zusammenschnürte. Der Stuhl hinter ihm quietschte und Draco hörte das Tapsen nackter Füße, die durch den Raum gingen. Aufgebracht fuhr er auf, schlug sich den Kopf am Rahmen über ihm an, fluchte, duckte sich und drehte sich zu Granger um, die gerade im Badezimmer verschwinden wollte. „Stop! Was hast du vor?“ Sie errötete, gestikulierte verschämt in Richtung Badezimmer und lächelte verlegen. Was sollte das denn? Ach ja… der Silenco-Bann lag immer noch auf ihr. „Finite Incantatem. So… was hast du da drin vor?“ Misstrauisch verengte er die Augen und beobachtete sie voller Argwohn. Man konnte nie wissen, was unter ihrem Kleid war. Irgendwo einen Ersatzzauberstab? „Ich muss auf die Toilette.“ Trotzig dreinblickend reckte sie ihr Kinn, verschränkte die Arme und wollte sich schon wieder umdrehen, doch Draco war schneller. Er hüpfte in einem Satz über das Bett, naja, fast, über das letzte Ende stolperte er eher, raffte sich wieder auf und versperrte ihr den Weg. „Du willst mein Klo benutzen?“ „Du kannst mir auch eine Blumenvase geben, wenn dir das lieber ist, aber ich kann es mir wirklich nicht länger verkneifen.“ So beleidigt sie aussehen wollte, so albern wirkte sie doch, wie sie da vor ihm nervös herumtrippelte und hoffnungsvoll über seine Schulter hinweg zur Toilette hinter ihm spähte. Draco versperrte ihr mit seinem Körper den Weg, wollte sie nicht hineinlassen da er überlegte, ob es eine Falle sein konnte. Ob sie da drinnen nicht irgendetwas gegen ihn aushecken könnte. Das Schlammblut wurde abwechselnd rot und weiß und begann vor ihm auf- und abzuhüpfen. Letztendlich ließ er sie doch hineingehen. Die Gefahr, dass sie sein Zimmer beschmutzen könnte, war ihm doch zu groß. Allerdings, so beschloss er, würde er nachher eine Hauselfe rufen, die für ihn das Badezimmer reinigen sollte. Wo „die“ drin war, wollte er ganz sicher nicht reingehen. Die Tür fiel ins Schloss, sie machte sich nicht einmal die Mühe, sie zu abzuschließen und schon wenige Sekunden später hörte er voller Ekel, wie sie sich auf der Toilette erleichterte. Hinter ihm räusperte sich jemand. Erschrocken drehte sich Draco um und sah sich nach der Quelle des Geräusches um. „Hier.“ Immer noch sah er niemanden, bis sein Blick auf ein Bild seines Großvaters Abraxas fiel, der ihn genervt aus dem Bilderrahmen, der ihn umgab, ansah. „Man ruft nach dir, du sollst nach unten in den Salon kommen.“ Er nickte gehorsam. „Ja ich…“, er schielte nervös zur Tür und überlegte, wie lange das Porträt, das normalerweise immer unten den Salon bewachte, ihn schon beobachtet hatte, „ich komme gleich. Ich muss nur noch kurz, äh, etwas holen.“ „Aber beeil dich Junge, man wartet auf dich.“ Kühl nickend verabschiedete sich Abraxas, und ließ Draco zurück, der erschöpft auf das Bett hinter ihm sackte. Beinahe vollkommen reglos starrte er auf seine Hände. Nur das leichte, kaum wahrnehmbare Heben und Senken seines Brustkorbs verriet, dass er noch am Leben war. Ab und zu, viel seltener als es normal war, blinzelte er. Und nun? Er sollte also nach unten kommen. Gut, aber was würde er solange mit „ihr“ tun? Misstrauisch sah er hinüber zur Tür, hinter der sie es wagte, seinen Wasserhahn seit bestimmt einer Minute laufen zu lassen. Er konnte sie nicht hier lassen. Nein, undenkbar. Es wäre nicht nur möglich, dass das Schlammblut auf die Idee kam im Haus herumzustromern, weil es entweder flüchten oder lauschen wollte, es wäre auch möglich, dass zum Beispiel eine Hauselfe ins Zimmer kam, um sauber zu machen. Aber vielleicht könnte er sie ja einfach mitnehmen? Er wusste nicht, wo Voldemort sich gerade aufhielt, aber sicher wäre er hoch erfreut zu erfahren, dass es Draco gelungen war, eine solch bedeutende Geisel zu fangen. Man würde sie dann in den Kerker werfen und…. Sein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken an die anderen Gefangenen, die zurzeit dort unten auf ihren Tod warteten. Viele… niemand hatte ihm gesagt, was genau Voldemort mit diesen Menschen vorhatte, doch da sie relativ bedeutungslos waren und er genaue Anweisungen über ihre Haftbedingungen erteilt hatte, konnte sich Draco des Verdachtes nicht erwehren, dass sie eventuell bald hingerichtet und zu Inferi gemacht werden sollten. Übelkeit und wilde Angst stieg bei dem Gedanken daran in ihm auf. Die Tür öffnete sich und das Schlammblut kam etwas sauberer als vorher wieder aus dem Badezimmer heraus. Der Gedanke, Granger als totenbleichen Inferi im Keller zu haben, der nachts mit ausgestreckten Armen durch die Gänge des Hauses schlich und ihn erwürgen könnte, war… ekelerregend. Zum ersten Mal seit er sie vor dem brennenden Schuppen gefunden hatte, sah er sie wieder direkt an. Draco seufzte und schüttelte resigniert über seine Schwäche den Kopf. Nein, er konnte es nicht. Noch nicht… er brachte es nicht über sich. Draco stand auf, ging an der neben der Tür wartenden Granger vorbei und betrat, darauf bedacht möglichst wenig zu berühren, was sie angefasst haben könnte, das Badezimmer, um seine immer noch am Boden liegende Todesserrobe zu holen. Er kramte kurz in einer Tasche mit magisch vergrößertem Innenraum herum und als er fand, wonach er gesucht hatte, zog er ein kleines Fläschchen sowie ein paar galleonen-kleine Lederbeutelchen heraus. „Was ist das?“ Granger kam ein wenig näher und Draco verzog das Gesicht, als er ihre verkohlten Haare und den immer noch intensiven Geruch nach Schweiß riechen konnte. „Vielsafttrank?“ Die schlammige, leicht grünliche Flüssigkeit, oder eher Brühe, im Inneren der Glasflasche hätte Draco eventuell nicht sofort erkannt, wenn er hätte raten müssen, doch offenbar hatte Granger, ebenso wie er, schon öfter mit diesem Trank zu tun gehabt. Er drehte sich halb von ihr weg, zog die Flasche vor der eben danach greifenden Hand weg und griff nach einem der kleinen Lederbeutel, aus dessen Inneren er ein Pulver in den Saft hineinrieseln lies. Diese Glasflasche war wichtig. Es war nicht gut, dass Granger sie sah. Er schielte kurz zu ihr hinüber und verfluchte sich selbst zum hundertsten Mal dafür, dass er sie nicht an Ort und Stelle getötet hatte. Man konnte nie wissen, wie ein solcher Einsatz endete. Der dunkle Lord hatte unmissverständlich klar gemacht, dass sich kein Todesser gefangen nehmen lassen sollte. Genauso wie er allen einschärfte, dies zu verhindern, falls man beobachtete, wie ein anderer Todesser vom Orden gefasst wurde. So sehr Draco auch gewillt war sich erneut bei Voldemort einzuschleimen, freiwilliger Selbstmord ging ihm dann doch ein Quäntchen zu weit. Für den Fall der Fälle trug er deswegen immer ein Fläschchen Vielsafttrank bei sich, um sich im Notfall in jemanden verwandeln zu können, den der Orden in Ruhe lassen würde. Das ganze letzte Jahr über war er wie ein Spürhund durch Hogwarts geschlichen und hatte jedem, der nicht schnell genug vor ihm wegrennen konnte, das eine oder andere Haar vom Umhang gezupft. Abgeschnittene Nägel und Zehennägel hatte er ebenso akribisch gesammelt und entgegen seiner sonstigen Art hatte er sich nicht einmal davor gescheut, einem bedauernswert unwissenden Geschöpf, das er zuvor geschockt hatte, das abzuschaben, war er soeben in die Flasche gebröselt hatte. Der Trank blubberte unappetitlich, begann nach alten Putzlappen zu stinken und verfärbte sich popel-ocker. „Trink.“ Er schwenkte die Flasche vor dem Gesicht des Schlammblutes herum, genau genommen schlug er ihr die Flasche sogar mehrmals auffordernd gegen die Nase, bis diese endlich eine Hand erhob und ihm das Angebotene mit deutlichem Misstrauen abnahm. „Warum?“ fragte sie, zog die Augenbrauen nach oben und roch an der Flasche. „Wääh…was ist denn da drin?“ „Das wirst du gleich merken. Trink.“ „Nein.“ Sie schüttelte entschieden ihre verkohlten Haarreste, drückte ihm die Flasche zurück in seine Hand und verschränkte die Arme. „Warum soll ich das Zeug überhaupt trinken?“ „Warum?“ Draco klappte der Mund auf und zu. Warum? Wie konnte sie nur so dumm sein so etwas zu fragen. Wusste sie denn nicht, welche Familie in diesem Haus wohnte… Wusste sie denn nicht, wer das Haus dieser Familie zu seinem neuen Hauptquartier auserkoren hatte? Nein, natürlich wusste sie das nicht und sie sollte es auch nicht erfahren. Das konnte sehr, äußerst gefährlich für alle hier werden. Draco hob die Flasche und betrachtete den Inhalt nachdenklich. Wenn er nicht doch… er sah kurz auf, senkte seine Augen dann wieder auf das Flascheninnere… Nein, sinnlos. Er konnte es nicht, wenn sie vor ihm stand und ihn dann auch noch so gefährlich böse ansah. Wütend machte sie ihn zweifellos, aber sie verunsicherte ihn auch. Sie wirkte so - er schnupperte ebenfalls an der Flasche und würgte - menschlich. „Man ruft nach mir. Ich muss nach unten zu meinen… “, er verbiss sich das Wort „Kollegen“, da es albern und unzutreffend gewesen wäre, und sagte stattdessen „zu meiner Familie und du musst hier raus.“ Er hob eine Augenbraue und verzog seinen Mund zu einem süffisanten Grinsen. „Aber du kannst auch gerne so wie du bist zu ihnen mitkommen. In diesem Falle“, er schenkte ihr ein zuckersüßes Lächeln und prostete ihr angedeutet mit der Flasche zu, „werden sich meine Eltern und ihre Freunde“, das letzte Worte zerging ihm süß wie Schokolade auf der Zunge, „sicher freuen, dich hier als Gast begrüßen zu dürfen. Also“, hart stieß er ihr den Trank vor die Brust, den sie nun endlich annahm. „Trink das, und zwar sofort. Wenn ich nicht gleich runterkomme, schicken sie jemanden, der mich holen soll und ich kann mir nicht vorstellen, das du erkannt werden willst.“ Das Schlammblut betrachtete den Trank, der immer penetranter nach einer Mischung aus faulen Eiern und verdorbenem Fisch zu stinken begann und sah ihm unsicher in die Augen. Er konnte hören wie sie leise etwas vor sich hin murmelte, dann holte sie tief Luft und kippte den Trank in einem Zug hinunter. Augenblicklich wurde sie bleich, sie taumelte und krallte sich an seinen Armen fest. Ihre Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in sein Fleisch, während ihr Gesicht sich von seinem nach unten hin entfernte, als würde sie vor ihm in die Knie gehen. Ihre Augen, weit aufgerissen vor Schreck, wurden immer größer bis sie fast die Größe von Tennisbällen angenommen hatten. Das verkohlte Haar zog sich zurück in ihren Kopf. Ihre sonnenbraunen Arme, wurden von Sekunde zu Sekunde magerer. Langsam aber sicher sah das Mädchen aus, als wäre sie ein praller Ballon, aus dem man die Luft herausließ. Oder wie ein sehr alter, fauliger, verschrumpelter Apfel. Draco rümpfte die Nase und kickte die Elfe, die ihn von unten herauf anstarrte und immer noch ihre Ärmchen nach oben reckte, als wäre sie ein Kind, das seinen Vater anbettelte, es auf den Arm zu nehmen, mit dem Knie von sich weg. Entsetzt quiekend hüpfte sie vor ihm auf und ab, krallte verschämt das Dekolleté ihres viel zu weiten Kleides vor ihren schrumpeligen Körper. Offensichtlich entsetzt über das, in was er sie verwandelt hatte versuchte sie immer wieder sich zu betasten, als würden ihre Finger ihr die Lügen offenbaren, die ihr Verstand längst begriffen hatte. Doch sobald sie eine Hand vom Dekolleté löste, rutschte wieder das ganze Kleid nach unten und sie riss es voll Scham sofort wieder nach oben. Er konnte nicht anders, er musste lachen. „Nun Granger, du wolltest doch schon immer die Elfen unterstützen. Dazu wirst du jetzt Gelegenheit haben. Da fang an.“ Er streckte seinen Arm aus und deutete Richtung Badezimmer, „und putz mein Klo.“ Er grübelte kurz, dann richtete er den Zeigefinger auf sie und grölte lachend, „Grangy.“ Elfen-Granger hob eines ihrer dünnen Ärmchen und drohte ihm mit geballter Faust. „Du hinterhältiges Arschloch“, quietschte sie mit einer Stimme, die klang, als hätte sie eine üble Helium-Vergiftung, worauf Draco von einem noch heftigeren Lachanfall geschüttelt wurde. „Du elendiges, widerliches Slytherin-Schwein“, quietschte die Elfe, trommelte mit ihren Fäustchen gegen sein Knie, worauf ihr Kleid nun gänzlich zu Boden fiel und Draco sie in ihrer ganzen, nun ja, nicht gerade Pracht, sehen konnte. Draco kippte vor Lachen nach hinten gegen die Wand und brüllte: „Merlin, ist das geil. Granger die Hauselfe. Hey!“ Lachend kippte er den Oberkörper nach vorne, bückte sich zu ihr hinunter und trommelte mit den Fäusten gegen seine Oberschenkel. „Hörst du schlecht? Du sollst mein Klo putzen!“ Elfen-Granger riss ihr Kleid hoch bis über ihre Nasenspitze und weinte dicke Tränen „Du gemeines…. Du fieses…“ „Ach, halt die Fresse“, schnitt er ihr barsch das Wort ab. „Ich hab doch gesagt, ich will dich aus dem Haus rausschaffen. Als Elfe fällst du keinem auf und in einer Stunde ist alles vorbei. Allerdings…“ Neckend zog er an einem der fliederfarbenen Fetzen, die nun zu beiden Seiten an ihr herunterhingen. „Kannst du den Fetzen dazu wohl nicht anziehen. Tja…“, er richtete sich auf, zog grüblerisch die Augenbrauen hoch und kratzte sich mit einer Hand am langsam stoppelig werdenden Kinn. „Was machen wir denn da, was machen wir dann da?“, singsangte er voll perversem Vergnügen. „Ah… ich hab’s.“ Boshaft grinsend drückte er ihr eine Hand auf die Stirn und schob sie von der Badezimmertür weg. „Hauselfen dürfen keine Kleidung tragen, das weißt du sicherlich. Wie wäre es…“, er bückte sich über einen Wäschekorb und zog aus dessen tiefsten Tiefen ein feuchtes, schon etwas muffelig riechendes dünnes Handtuch hervor und wedelte triumphierend damit durch die Luft, „damit?“ „Scheißkerl“, quietschte das Schlammblut empört und stapfte wütend auf ihn zu. „Ja du hast recht. Das passt nicht richtig.“ Nachdenklich begutachtete er das Tuch in seiner Hand und kratzte versonnen den platinblonden Schopf. „Etwas fehlt… der letzte Schliff. Aber“, boshaft wie nie grinsend, nickte er ihr zu. „Ich habe die Lösung.“ Mit einem Hochgefühl das schon an sexuelle Freude erinnerte, hielt Draco das Handtuch unter den Wasserhahn, drehte auf, kippte etwas Seife darüber und…tauchte es in die zuvor vom Schlammblut benutzte Toilette. Hermine öffnete den Mund zu einem schrillen Schrei auf und hätte sie sich nicht augenblicklich mit schreckensstarren Augen in Fliederrüschen verbissen, wäre ihr Kleid wohl wieder heruntergerutscht, denn ihre beiden Ärmchen brauchte sie nun, um sich mit ihren Fäustchen an den riesigen Fledermausohren zu ziehen. Gehässig lachend wischte er einmal rundherum ab, wusch sich danach die Hände und hielt ihr das Handtuch auffordernd unter die Nase. „Na… so ist es besser, meinst du nicht?“ „A… A… A… Arschloch!“ „Ja, du stimmst mir zu.“ Draco nickte selbstgefällig und bevor das Schlammblut dies verhindern konnte, riss er ihr den lila Fetzen vom Körper und hängte ihr stattdessen den nassen Lappen um die Schultern. Sie heulte, sollte sie doch. Auch wenn er ihr das so deutlich nicht sagen wollte, sollte sie doch gemerkt haben, dass ein dreckiges, stinkendes Tuch die einzige „Tracht“ war, mit der sie nicht auffallen würde. Ihr Kleid ging vor ihren Augen in Flammen auf. „Halt endlich die Fresse und komm mit.“ Draco öffnete die Tür und spähte nach draußen, ob die Luft rein war, dann drehte er sich zu der Elfe um, die sich zwar nun das Tuch umgewickelt hatte, doch vor lauter Ekel noch viel heftiger schluchzte. „Wenn wir unten sind, kann ich dir was Neues zum Anziehen zaubern“, flüsterte er leise und fast sanft, da er nicht gehört werden wollte. Er hob eine Hand und winkte die Elfe zu sich heran. „Aber jetzt komm endlich.“ Widerwillig folgte sie ihm, während Draco sich selbst zu dieser perfekten Tarnung gratulierte. Heulende Hauselfen gab es im Manor zu dutzenden. Wirklich… eine gute Tarnung. Xxx Draco betrat den Salon, der nun fast zur Gänze mit schwarzgekleideten Gestalten gefüllt war. Sein Herz begann zu rasen und eine Sekunde fuhr ihm ein so heftiger Schmerz in die Brust, dass er davon überzeugt war, genau in diesem Moment an einem Herzinfarkt zu sterben. Kalter Schweiß brach auf seiner Stirn aus und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Die Elfe hinter ihm quiekte und huschte nach hinten weg, wo sie sich angstvoll in die Ecke der Tür drückte. Der Salon, den man eigentlich besser als Halle bezeichnen sollte, war vom Schein der gewaltigen Bleikristallkronleuchter an der Decke, sowie durch das prasselnde Feuer des Kamins erleuchtet. Der Schein der Flammen zeichnete gespenstische Schatten an die marmorverkleideten Wände, in denen jeweils im Abstand einer Armlänge kunstvolle, aus Bernstein gefertigte Mosaike eingelassen waren, die nun, vom Feuer beschienen, wie die leuchtenden Augen hunderter, lauernder Katzen funkelten. Normalerweise vermittelte der Raum Draco das Gefühl erhabener Behaglichkeit, das gute Gefühl hier, wo die besseren Menschen versammelt waren, entspannen zu können. Doch nicht jetzt, da er am liebsten schreiend vor dem, was er sah, geflüchtet wäre, wenn ihn das nicht das Leben kosten könnte. An der hinteren Wand brannte ein Kamin, der ein sanftes, goldrotes Licht spendete und dessen behagliches Knistern bis in die kleinste Ecke zu hören war. Unheimlich eigentlich, denn dies bedeutete, dass keiner der gut dreißig Menschen, die im Raum an den Wänden verteilt standen, auch nur laut zu atmen wagte. Wie aus schwarzem Marmor gemeißelte Todesengelsskulpturen waren sie in einem Halbkreis um den in die Mitte des Raumes geschobenen, mit grünem Damast bespannten Ohrenbackensessel versammelt, der eigentlich für seinen Vater reserviert war. Die Hände des Mannes, der darin saß, hingen rechts und links lässig über die Sessellehnen und spiegelten sich schneeweiß im makellos polierten, schwarzen Marmorboden. Draco schluckte, als Voldemort sein Kinn und die nicht vorhanden Augenbrauen hob und ihn mit seinen Augen fixierte die so rot, flammend und unbarmherzig wie flüssige Lava waren. „Du kommst spät.“ Draco senkte demütig seinen Kopf, verschränkte die Hände vor seinem Schoß und verneigte sich so tief, dass seine Nase fast seine Knie berührte. „Entschuldigt, Herr. Ich wusste nicht dass Ihr es wart, der nach mir verlangt hat. Ich…“. „Nun ich habe keineswegs nach dir verlangt, Draco“, unterbrach Voldemort ihn mit gefährlich ruhiger, doch vielleicht auch ein wenig lauernder Stimme. Draco biss sich auf die Lippen und nickte schwach, „…sondern nach allen Todessern“, Voldemort hob eine Hand und deutete mit seinem langen, weißen Zeigefinger an den Reihen der um ihn versammelten Getreuen entlang, „die heute das Gartenfest der Weasleys besucht haben. Nun“, Voldemort hob seine Stimme an, sprach lauter und sah nun nicht mehr Draco, sondern der Reihe nach alle Versammelten an. „Was gibt es zu berichten?“ Voldemorts Kopf glitt von einer Wand zur anderen und stoppte, als er bei Bellatrix anlangte, die zu seiner Rechten und ihm am nächsten stand. Bellatrix strahlte vor Freude auf, als sie ihres Meisters Blick auf sich spürte, und fiel vor Voldemort auf die Knie. „Es verlief gut, Meister. Der Fuchsbau wurde in den Flammen zerstört. Ebenso Ottery St. Catchpole. Einige Auroren starben. Wir haben gut gekämpft.“ „Wurde Dämonsfeuer benutzt?“ „Ja, Herr. Sie werden die Schäden nicht magisch beheben können.“ Bellatrix robbte auf den Knien ein wenig näher an Voldemort heran und neigte den Kopf leicht nach vorne, als wolle sie versuchen, unter des dunklen Lords nachdenklichem Blick unbemerkt auf dessen Schoss zu krabbeln. Äußerlich ungerührt wandte er sich von Bellatrix ab und stattdessen Severus Snape zu, der an seiner anderen Seite stand. „Potter?“ „Nein, Herr. Er wurde beschützt.“ Snape neigte sich ebenfalls ein wenig weiter zu Voldemort herunter, wirkte jedoch auf geradezu erschreckende Weise gelassen ob dieser Neuigkeiten. „Er hat den Tarnumhang benutzt. Wir konnten ihn nicht finden.“ Angespanntes Schweigen breitete sich im Raum aus. Vereinzelt sah Draco Schweißperlen auf verkniffen wirkenden Gesichtern glitzern. Manche der Todesser waren bleich, manche rot, da sie in ihrem Bemühen, so unauffällig wie möglich zu sein, offenbar das Atmen eingestellt hatten. Draco sah zu seinem Vater hinüber, der einige Schritte neben Snape stand. Lucius war ruhig, kühl und doch, dennoch strahlte er nur noch einen Abglanz seiner früher so markanten Erhabenheit und Stärke aus. Draco wandte die Augen ab, als er Lucius’ Blick auf sich fühlte. Nur eine Sekunde lang hatten sich ihre Augen getroffen und nicht Hochmut, sondern die Angst, die Draco selbst in sich fühlte, hatte sich in Lucius Gesicht gespiegelt. Draco seufzte so leise wie möglich und wandte seine Augen wieder Voldemort zu, der zu seiner Erleichterung nur leicht desinteressiert mit den Schultern zuckte. „Das war zu erwarten. Eure Aufgabe bestand darin, Harry Potters Verstecke zerstören und diejenigen zu bestrafen, die es sich erdreisten ihm Obdach zu gewähren. Das ist geschehen.“ Er machte eine Pause und schlug die Beine übereinander, was den Stoff der Robe fast ebenso knistern ließ wie das Feuer, in dessen Schein seine Augen zu glühen begannen. „Dennoch bin nicht zufrieden mit euch.“ Lange, weiße Finger krallten sich um die Armlehne. Dracos Magen verkrampfte sich noch mehr, wenn das überhaupt möglich war. Er erhaschte einen flüchtigen Blick auf Snape, dessen Mundwinkel nervös zuckten. Pettigrew, der in der Nähe von Lucius stand, buckelte und versuchte, sich hinter Greyback zu verkriechen. Gute Idee. Dracos Füße schlurften leise am Boden und geräuschlos wie eine Feder, glitt er hinter den breiten Rücken von Thorfinn Rowle, den Draco schnell atmen hörte. Draco drückte sich auf die Zehenspitzen und konnte für einen kurzen Blick seinen Onkel Rodolphus ausmachen, der an Bellatrix’ Seite stand und der einzige im Raum zu sein schien, den diese Nachricht nicht in Angst versetzt hatte. Sogar Bellatrix, die stolze Kriegerin, plumpste unelegant auf ihren Hintern. Die Augen starr nach oben, hinauf zu ihrem Herren gerichtet, der durch all die Unruhe hindurch, mit ausdrucksloser Miene gelassen zur Tür blickte, wo Hermine stand. Hermine, nein Granger, Schlammblut, ach wie auch immer. Dracos Herz begann heftig zu klopfen, sein Mund wurde innerhalb von Sekunden staubtrocken und Schwärze überrollte in Wellen seine Augen. Voldemort würde doch nicht die Gedanken einer Hauselfe lesen wollen, oder? Oder erkannte er sie, konnte er durch die Maske, die ihr der Vielsafttrank übergestülpt hatte, hindurch sehen? Der roten Augen verengten sich und nun war es doch Bellatrix, die er als erstes nach dieser Kunstpause der Angst ansprach. „Wie viele Menschen sind hier im Raum?“ Bellatrix sprang auf die Füße, hob ihren Finger und zählte eifriger alle Personen zusammen, als Draco es überhaupt für möglich gehalten hätte. Bei Voldemort angelangt zögerte sie, schien zu überlegen, ob Voldemort als eine Person alleine gelten, oder doppelt bis dreifach gezählt werden sollte, doch dann antwortete sie beflissen. „Zweiunddreißig, Meister.“ Voldemort nickte anerkennend, doch nicht ohne Spott. „Ebenso viele habe auch ich gezählt. Erkennt ihr nun mein Problem?“ Die Frage ging wieder an alle in den Raum, doch ebenso wie in Snapes Unterricht mieden alle den Blick des hier anwesenden Meisters, der sie garantiert hart für eine falsche Antwort bestrafen würde. Vorsichtig spähte Draco an Rowles Schulter vorbei. Voldemort legte den Kopf schief und selbst von hier aus, mühsam durch die Reihe von schwarzen Roben hindurch spähend sah Draco, wie ärgerlich der Meister aussah. Bellatrix wirkte fast ein wenig wie Hermine, so dachte Draco mit einem Anflug von Belustigung, wie sie da neben Voldemort herumzappelte und wohl nur darauf zu warten schien, von ihm aufgerufen zu werden. Der Herr jedoch würdigte sie keines Blickes, was Draco langsam merkwürdig vorkam. Stattdessen schweifte sein Blick zuerst ins Leere, als schien er über etwas nachzudenken, dann gab er sich einen Ruck und fischte treffsicher seinen Vater aus der Menge heraus. „Lucius, du. Sag mir, warum ich wütend bin.“ Lucius trat einen Schritt vor, kreidebleich im Gesicht und schwitzend. „Heute Morgen, als Ihr uns die Anweisungen erteilt habt, waren es fünfunddreißig Personen, Meister…“ „Sehr gut, richtig“, lobte Voldemort Lucius, als sei er ein minderbemitteltes Kind, das ausnahmsweise einmal einen Glückstreffer gelandet hatte. „Wo sind die restlichen drei?“ „Gefallen.“ Alle Augen wandten sich Rodolphus zu, der das empörte Quietschen seiner Frau, die ihm gerade noch versucht hatte den Weg zu versperren, ignorierte, nach vorne trat und vor Voldemort den Kopf neigte. „Yaxley wurde vom Orden getötet. Man hat ihm das Wort „Verräter“ in die Brust geschnitten. Mein Bruder Rabastan kam, um mit seinem Mörder zu kämpfen. Er traf ihn auch, doch der Auror war schnell. Sie töteten sich gegenseitig.“ Voldemort musterte ihn einen Moment voll neugierigem Interesse, dann seufzte er und antwortete sanft. „Wie überaus bedauerlich. Ein Verlust, Rodolphus. In der Tat.“ Rodolphus neigt erneut den Kopf, erhob sein Haupt dann aber nicht wieder, sondern ließ seine Augen voller Abscheu auf Bellatrix ruhen. Bellatrix. Seine Frau starrte nach wie vor gebannt auf Voldemort, dessen eben noch nachdenkliche Miene sich erneut verfinsterte. „Damit sind vierunddreißig Personen erklärt. Da ihr nicht wisst, wo die letzte Person abgeblieben ist, werde ich es euch sagen.“ Köpfe wandten sich nach beiden Seiten, Todesser drehten sich um und ein Tanz schwarzer Schatten wurde abgehalten, als die immer noch berobten Gestalten sorgenvoll nach dem fehlenden Gesicht in ihren Reihen suchten. Draco ließ seinen Blick ebenfalls durch den Raum schweifen. Seinen Vater hatte er ja, Merlin sei Dank, vorhin schon gesehen. Severus Snape war ebenfalls zurückgekehrt. Voldemort, in der Mitte des Raumes, war gar nicht erst mit zum Einsatz gegangen, neben ihm sprang dienstbeflissen Bellatrix auf die Füße, um so zu tun, als interessiere es sie wirklich, wer außer ihr und Voldemort noch im Raum war. Ihr Mann Rodolphus beobachtete seine Frau einige Sekunden lang voller Abscheu, dann verlor sein Gesicht erneut jedes Anzeichen von Leben. Er wandte sich von Bellatrix ab und schlurfte mit hängenden Schultern durch dem Raum, wo er sich leise murmelnd neben Lucius stellte. Pettigrew wuselte mit gebeugtem Rücken auf den Meister zu, da er offenbar stolz darauf war herausgefunden zu haben, wer fehlte. Voldemort winkte desinteressiert ab, denn natürlich wusste er die Antwort ohnehin schon. Er erhob sich und ragte nun neben Wurmschwanz, der im Stehen etwa so groß gewesen war wie Voldemort im Sitzen, wie ein hoher, schwarzer Turm neben ihm auf. Ein Turm, auf dessen marmor-weißer Spitze ein rotes Feuer brannte. „Ich sage euch wer fehlt.“ Das Gemurmel im Raum verstummte augenblicklich und alle Köpfe wandten sich zu ihm um. Niemand redete, bewegte sich oder wagte auch nur laut zu atmen, wenn der Meister etwas zu verkünden hatte. Mit hinter dem Rücken verschränkten Armen schritt er durch die Reihen seiner Anhänger, die vor ihm ängstlich zurückwichen und den Blick senkten. „Während ihr heute die Weasleys beehrt habt, war ich im Ministerium um eine Angelegenheit zu erledigen.“ Voldemort blieb vor Rowle stehen, der sofort in die Knie ging. Mist. Denn damit gab er den Blick auf den kreidebleichen Draco frei, der sich unangenehm enttarnt fühlte. Doch Voldemort beachtete weder ihn noch Rowle, sondern lächelte boshaft in die Runde und genoss es zu spüren, wie begierig seine Anhänger doch waren zu erfahren, was ihr Meister denn im Ministerium erledigt haben könnte. Nichts was er gedachte ihnen mitzuteilen, denn wieder wandte er sich um und schritt, die Augen seiner Anhänger im Nacken, zurück zu seinem Stuhl. „Ich kann mich tarnen, ich wurde nicht gesehen. Doch dafür habe ich gesehen, und zwar“, er wandte sich mit einer halben Drehung um und lies sich mit der perfiden Eleganz einer Schlange zurück in seinen Stuhl gleiten, „Antonin Dolohow.“ Er kippte den Kopf leicht zur Seite und starrte in die Runde, dann kräuselte sich sein Mund und er wandte den Kopf zu seiner Rechten, wo sofort Bellatrix auf die Knie fiel und ihn ansah, als hätte sie soeben eine Heiligenvision. „Bellatrix?“ „Ja, Meister?“ Sie faltete die Hände vor der Brust und wirkte mehr denn je wie eine verklärte Heilige. „Bellatrix. Warum verrätst du mir nicht, wieso ich Antonin Dolohow im Ministerium gesehen habe, wie er gerade von ein paar Auroren abgeführt wurde, wo ich doch Dich“, Voldemort richtete seinen langen, dürren Zeigefinger auf sie und alle Ruhe fiel von ihm ab, machte rasender Wut Platz, „dich beauftragt habe, dafür zu sorgen, dass es keine Gefangenen gibt?“ Bellatrix schluckte, doch sie bewegte sich nicht. Ihre Augen wurden feucht und sie duckte sich wie ein geschundenes Kind zusammen. „Ich, ich weiß nicht Herr“, wimmerte sie, während sie mehr und mehr zusammensackte. „Ich habe ihn nicht gesehen, Mylord. Ich hätte doch, Ihr wisst doch, dass ich -“ „Schweig, du unfähige Idiotin!“ Voldemorts Augen vergrößerten sich erschreckend, selten war er laut, meist kühl und lauernd wie die Schlange, die auf ihr Opfer wartete. Doch jetzt schrie wie der Verrückte, der er mit Sicherheit auch war. „Ist dir klar was nun geschehen wird? Ist dir klar, dass unsere Feinde ihn verhören werden? Weisst du, in welcher Gefahr wir uns nun befinden?“ Bellatrix schluchzte laut auf. Jedes seiner Worte hatte sie wie ein Peitschenschlag getroffen, doch Voldemort beachtete sie nicht weiter. Er atmete tief durch und wirkte beinahe, als bemühe er sich darum, nicht wirklich zu platzen. Er schloss die roten Augen, krallte sich in die Armlehnen des Sessels und neigte den Kopf. Pfeilschnell schoss sein Kopf wieder nach oben und er drehte sich um zu Snape, der an seiner linken Seite stand und mit ausdrucksloser Miene an Voldemorts Schulter vorbei sah. „Severus.“ „Ja, Mylord?“ „Wir werden nachher besprechen, was zu tun ist. Du bist zwar bedauerlicherweise recht nutzlos für mich geworden“, Snape zuckte erschrocken zusammen und wich einige Zentimeter nach hinten weg, „seit du nicht mehr im Orden bist, dennoch wirst du mir in dieser Sache zur Seite stehen. Aber vorher…“ Voldemort drehte sich um und starrte nun direkt zur Tür, wo sich eine wimmernde Elfe zusammenkauerte und ihr schmutziges Handtuch weit über ihre große Nase zog. „Draco. Komm her.“ Ohne ihn anzusehen wusste Voldemort trotzdem noch genau, wo Draco stand. Draco nickte und kam langsam näher. Er fürchtete schon, seine Knie würden ihm auf dem letzten Meter ihren Dienst versagen. Voldemort hatte die Elfe, Granger, angesehen. Voldemort hatte gesehen, wie Draco mit ihr den Saal betreten hatte. Wenn er nun wusste… Draco wäre überführt. Er würde sterben. Er würde hier auf der Stelle sterben. Er hatte genug von Voldemorts Wutanfällen miterlebt, um zu wissen, dass dies die Konsequenz sein würde. Demütig ging Draco auf die Knie und obwohl er Bellatrix eben noch wegen ihres kläglichen Auftrittes innerlich verhöhnt hatte, bot er nun selbst noch einen wesentlich armseligeren Eindruck, wie er vor Voldemort zitterte, so tief gebeugt, dass seine Nasenspitze den Boden berührte. „Geh zu der Elfe und sage ihr, dass sie mir einen Kelch Wein und einen Krug Wasser bringen soll. Ich habe Durst.“ Draco wäre nun, da die Anspannung, die seinen Körper gefesselt hatte, von ihm anfiel, fast nach vorne auf Voldemorts Gewand gekippt. Er musste sich erst einen Moment sammeln, bevor er sich erheben konnte und so hörte er nur, wie Voldemorts Stimme laut zu seinen Anhängern sprach. „Ich sagte es heute Morgen bereits und ich sage es euch wieder. Keine gefangenen Todesser. Dies ist ein Fehler, der nicht wieder gutzumachen ist und mich mehr denn je in meinem Entschloss bestärkt, euch unterbelichteten Versagern nicht mehr als das allernötigste anzuvertrauen. Wir werden das Problem lösen müssen. Sollten wir Glück haben, wird Dolohow nicht mehr in der Lage sein, irgendetwas zu erzählen, bevor die Verhöre beginnen.“ Er machte eine kurze Pause, um seinen Anhängern Zeit zu geben, sich vor ihm zu fürchten, dann sprach er weiter. „Jeder hier im Raum hat Gefolgschaft bis in den Tod geschworen und das gedenke ich einzufordern. Doch nun...“ er trat Draco leicht gegen den immer noch nach unten geneigten Kopf. „Geh und tue, was ich dir aufgetragen habe.“ Draco neigte ergeben den Kopf, richtete sich auf, achtsam darum bemüht, Voldemort dabei nicht anzusehen und ging mit zitternden Knien zurück zur Schlammblut-Elfe. Bellatrix’ Körper wirkte wie versteinert. Außer ihren missbilligend zuckenden Mundwinkeln und dem hasserfüllten Blick, den sie ihm einen Herzschlag lang zusandte, war sie starr wie eine Marmorstatue. Das Problem war folgendes. Voldemort sprach nie selbst mit den Hauselfen, wenn er etwas haben wollte. Er rief immer irgendwelche Gefolgsleute zu sich, die diese niedrige Arbeit für ihn übernehmen sollten. Ein kleiner Dienst, denn die Speichel leckenden Todesser mit orgiastischem Eifer nachkamen da jeder die Möglichkeit haben wollte, Lord Voldemort in irgendeiner Weise nützlich zu sein. Alles in der Hoffnung, ihn damit sanfter zu stimmen. Wenn nun aber kein Todesser, zumindest keiner, den Voldemort ernst nahm, diese Aufgabe übernehmen sollte, dann bedeutete dies, dass er über seine Getreuen verärgert war und ihnen nicht die geringste Möglichkeit geben wollte, sich durch noch so subtiles Einschleimen seinem Zorn zu entwinden. Es war so leise im Zimmer, dass Draco das leise Quietschen des sanft vom Rauch bewegten Kronleuchters hören könnte, der über ihren Köpfen leicht hin und her pendelte. Er ging auf Walden McNair und Selwin zu, die vor ihm aufragten. Ebenso stark wie unvergänglich, doch sie hatten den Befehl des Meisters gehört und so sehr es ihnen auch widerstrebte diesem „Kind“ Platz zu machen, sie mussten sich doch fügen. Dracos Gedanken rasten schneller durch seinen Kopf als ein Feuerblitz fliegen konnte. Bedauerlicherweise flogen sie dabei vor lauter Eile an allen möglichen Ausreden und Lösungen vorbei, denn als er kreidebleich und mit wackligen Knien vor der Elfe ankam, war ihm immer noch nicht eingefallen, was er nun tun sollte. Er beugte sich zu Granger herunter und wollte ihr überflüssigerweise den Wunsch des Meisters zuraunen, doch sie begann zuerst zu flüstern. „Ich habe keine Ahnung, wo ich hingehen soll und wo ich das Zeug finde. Du musst ihm sagen, dass ich hier neu bin und jemanden brauche, der mir den Weg zeigt.“ Er überlegte kurz, nickte und erhob sich wieder. „Herr“, Draco versuchte ruhig, ja beinahe gelassen zu wirken, doch mit Voldemort zu sprechen, allein seine pure Gegenwart aushalten zu müssen, war nach wie vor so Furcht erregend, dass es Draco fröstelte, wenn er nur daran dachte. Im Moment hatte er jedoch keine andere Wahl. „Was ist denn noch?“ Über die Schulter zurückblickend sah er Voldemort, der es nicht einmal für nötig hielt ihm den Kopf zuzuwenden, seitlich im Profil. Snapes schulterlange, fettige Haare hingen neben Voldemorts Gesicht herunter, da der hagere Tränkemeister sich zu seinem Herren heruntergebeugt hatte, um von diesem Anweisungen zu hören, die wohl für keine anderen Ohren im Saal bestimmt waren. Es fröstelte ihn, wenn immer er solche Zwiegespräche beobachtete. Eine Spur Eifersucht, dass die Malfoys nicht mehr an erster Stelle in Voldemorts Vertrauen standen, ein Hauch hämischen Triumphes über seine Tante, die einige Schritte entfernt stand und missbilligend Snapes nach unten gebeugten Rücken musterte, aber vor allem auch sehr viel Angst, da es nie ein gutes Zeichen war, wenn Voldemort seinen Getreuen zeigte, dass Dinge geplant wurden, die ohne sie verabredet wurden. Draco schielte nervös zu der zitternden Elfe hinunter, die sich schamerfüllt das dreckige Handtuch um den dürren Leib presste und so aussah, als fürchte sie, er könne versuchen es ihr herunterzureißen, um sie nackt zu sehen. Er schnaubte angewidert, dann drehte er sich vollkommen zu Voldemort um, deutet auf die Elfe und sprach. „Die Elfe ist neu. Meine…meine Mutter hat sie heute Mittag erst gekauft.“ Lucius graue Augen trafen seine, hielten seinem Blick kurz stand und wendeten sich dann Voldemort zu. Vater verstand ihn, verstand, dass dies nicht der Moment war zu fragen, wie Narcissa Elfen hatte kaufen können, wo sie doch die ganze Zeit über angstvoll am Brunnen auf ihre Rückkehr gewartet hatte. „Sie kennt die Räume noch nicht so gut. Ich sollte vielleicht mit ihr gehen, um ihr den Weg zur Küche zu zeigen.“ „Überflüssig. Ich brauche dich hier noch.“ Voldemort wedelte gelangweilt mit der Hand ab, lehnte den Kopf leicht nach hinten, so dass man nur noch dessen Kinn hinter den „Ohren“ des Sessels ausmachen konnte, schnaufte und zeigte dann mit dem Finger auf Bellatrix. „Geh du mit der Elfe.“ Bellatrix wurde innerhalb von Sekunden zuerst rot vor Zorn und dann weiß vor Verzweiflung. „Aber Herr“, japste sie durch das verhaltene, nur mühsam unterdrückte Gekicher der anderen Todesser hindurch. „Draco hat sich doch schon angeboten. Sicher wollt ihr…“ „Gehe davon aus, dass ich besser weiß als du, was ich im Augenblick für nötig halte.“ Voldemort setzte sich kerzengerade auf um Bellatrix einen langen, finsteren Blick zuzuwerfen. Pettigrew und Rodolphus, die an ihrer Seite standen, schlichen sich leise zu beiden Seiten von ihr weg, als fürchteten sie ebenso von Voldemorts mittlerweile doch recht offensichtlichen Zorn getroffen zu werden, falls sie zu nahe neben Bellatrix stehen blieben. Ihre dunklen Augen füllten sich mit Tränen, der sonst so spöttisch verzogene Mund senkte sich nach unten und Draco meinte, ein mühsam unterdrücktes Schluchzen zu hören. Sie neigte ergeben den Kopf und nickte. Voldemort indes lächelte in einer Weise, der schwer Emotionen wie Freude, Häme oder Spott zuzuschreiben waren. Vielleicht wirkte er am ehesten abwartend, als er Bellatrix sanft, doch mit unverhohlener Neugier weiter verhöhnte. „Geh, ich brauche dich heute nicht mehr.“ Natürlich, alle wussten, dass er auf Widerspruch oder eventuelle Rechtfertigungsversuche von ihr wartete. Sollte sie dies tun, so würde er sie auf der Stelle foltern und ihr entweder Hausarrest geben, oder schlimmer, ihren Zauberstab verlangen Zweifellos würde er darauf später noch einmal zu sprechen kommen. Zweifellos würde er auch Bellatrix für ihr Versäumnis, den Gefangenen nicht zu töten, bevor die Auroren ihn mitnehmen konnten, später noch bestrafen. Dass er sie nun entließ und wegschickte, war keinesfalls ein Versuch, ihr die Schande öffentlicher Missbilligung zu ersparen, sondern der ultimative Weg, sie vor der versammelten Gefolgschaft zu demütigen. Draco drückte sich hinter den großen Rowle, da er zwar einerseits in der Stimmung war Bellatrix auszulachen, andererseits verhindern wollte, dass sie ihn bei diesem Spott beobachten konnte. Bellatrix war eine Irre. Wer wusste schon, was sie ihm beim nächsten Familienessen antun würde? Wenn er aber heimlich kicherte, konnte er das schnarrende Geräusch seines immer lauter werdenden Gegackers immer noch auf jemand anderen schieben. In diesem Moment zeigte Voldemort allen, dass er Draco, den hinter Lucius Rücken alle auslachten, mehr schätzte als sie, die zusammen mit einer wertlosen Hauselfe zur Bedienung herabgewürdigt worden war. Voldemort gab seinen Anhängern solange Zeit Bellatrix zu verhöhnen, bis diese den Raum verlassen hatte. Dann stand er wieder auf und sprach mit lauter, fester Stimme. „Die Versammlung endet hier. Du Rodolphus, bleibst noch einen Moment hier. Draco.“ Draco stolperte fast vor Schreck, als er erneut angesprochen wurde. „Bleibe auch hier. Ihr anderen, geht!“ Nacheinander gingen alle Todesser vor Voldemort in die Knie, verabschiedeten sich mit leisen Entschuldigungen und schlichen mit gesenkten Köpfen, doch erleichterter Miene ob der Tatsache, dass sie immer noch lebten, aus dem Saal hinaus. Während die letzten Todesser sich gegenseitig zur Tür hinaus schoben, ging Voldemort zu Rodolphus hinüber und sprach leise Worte mit ihm. Vermutlich irgendeine Floskel, die so etwas wie Bedauern oder Anteilnahme wegen Rabastans Verlust ausdrücken sollte. Rodolphus’ Mund verzog sich schmerzlich, doch er nickte und erwiderte mit dankbarer Miene etwas. Draco zweifelte stark daran, dass Voldemort wirklich so etwas wie Bedauern über den Tod des treuen Todessers empfand, dennoch konnte er sich einen Reim auf diese fast freundschaftlich anmutende Geste machen. Rodolphus und seine Familie gehörten zu den treusten Todessern. Sie waren von Anfang an auf Voldemorts Seite gewesen, hatten unbeirrt für ihn gekämpft und waren auch die einzigen, die nach Voldemorts Fall bereit gewesen waren, nach ihrem Meister zu suchen. Einen solch loyalen Untergebenen zu verlieren, war durchaus ein Verlust. Es wäre immerhin beruhigend zu denken, dass der dunkle Lord wirklich Anerkennung für Treue und Loyalität zollen konnte. Andererseits, hatte er nicht eben allen Anwesenden verkündet, dass er von jedem Einzelnen den den Tod verlangte, der Gefahr lief, gefangen genommen zu werden? Eventuell waren die tröstenden Worte auch nur ein Weg Rodolphus’ Gemüt etwas zu beschwichtigen. Loyale Anhänger musste man sich erhalten. Voldemort war ein Schachspieler, ein politischer Taktiker. Nichts was er tat, geschah ohne Hintergedanken. Die Tür fiel hinter Rodolphus ins Schloss und Draco war nun alleine mit Voldemort, der ihn mit interessiertem Blick aus der Nähe begutachtete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)